Luftangriff auf einen gegnerischen Flugplatz

Auf dem Weg zum Cockpit skizziert der junge Eurofighter-Pilot seinen Auftrag. Er wird seinen Beitrag zum Angriff eines Flugplatzes in Rot-Land leisten. Das Ganze im Verbund mit weiteren 60 Luftfahrzeugen des Blau-Bündnisses. Wir werden ihn während des Fluges begleiten.

Der Einsatz beginnt. (Quelle: Luftwaffe/Xaver Habermeier)

12:45 Uhr – ich steige ins Cockpit. Anschnallen, Headset mit Sitz verbinden, alles Tätigkeiten, die ich in den vergangenen Jahren schon x-mal gemacht habe. Natürlich absolute Routine. Dennoch weiß ich, dass heute eine besondere Mission auf mich wartet. Wir werden im internationalen Verbund einen gegnerischen Flugplatz angreifen. Der Gegner ist nicht unvorbereitet. Auch seine Aufklärung arbeitet ausgezeichnet. Meine Rotte hat den Auftrag, einen A-400M zu eskortieren. Dieser bringt SOF-Air-Kräfte ins Einsatzgebiet, um den Flugplatz im Handstreich zu nehmen. Mein Eurofighter ist für diesen Auftrag mit sechs AMRAAM- und zwei IRIS-T-Lenkflugkörpern bewaffnet. Die Bordkanone ist obligatorisch. Ich rolle zur Startposition. Mein Callsign ist POISON.

Bereits 12:58 Uhr sind wir in der Luft. Aber natürlich muss es schnell gehen. Von wenigen verschiedenen Stützpunkten aus muss unser Verband in kurzer Zeit am Himmel sein. Nach dem Start fliege ich mit meinem Flügelmann Richtung Südosten, um im Bereitstellungsraum den angeforderten Tanker zu erreichen. Unser Verband hat einen einheitlichen Referenzpunkt zugewiesen bekommen. Dieser Punkt liegt nördlich von unserem Angriffsziel.

Das Auge und Ohr der Piloten bei Luftoperationen: eine AWACS. (Quelle: NATO/Archiv)

Von diesem Punkt zieht sich ein spinnennetzähnliches Gebilde über meinen Monitor und teilt den Luftraum in viele Segmente. So können alle Luftfahrzeuge ihre jeweiligen Positionen präzise angeben und so geordnet werden. Auch gegnerische Luftfahrzeuge werden so lokalisiert und eigenen Kräften gezielt zugewiesen, in diesem Fall von der AWACS. Nur so wird strukturiert vom Jägerleitoffizier in der AWACS mit dem Rufzeichen MAGIC geführt. Ich muss innerlich lächeln, als mir im Gegensatz dazu eine E-Jugend Mannschaft im Fußball einfällt, wo regelmäßig alle Jungs auf den Ball zustürmen.

Am A310 MRTT wird noch einmal nachgetankt

Um 13:15 Uhr erreicht unsere Two-Ship den Tanker. Außerhalb der Reichweite der gegnerischen Jagdmaschinen werden wir betankt. Da wir momentan die einzigen am Tanker sind, können wir uns gleichzeitig an die Flügelenden hängen. Allerdings haben wir mit einigen Turbolenzen zu kämpfen, ich benötige mehrere Anflüge, bis ich den Basket sauber treffe. Die Hydraulik hat meinen Tankstutzen fest umklammert und schon fließt das Kerosin.

Mit rund 400 Kilogramm Kerosin pro Minute füllen sich meine Tanks. Nach sieben Minuten ist der Tankvorgang beendet. (Quelle: Luftwaffe/Franz Männling)

 

Die Füllstände meiner Tanks lasse ich mir auf dem rechten Monitor anzeigen. Meine Außentanks waren schon zur Hälfte geleert. Diese füllen sich jetzt mit annähernd 400 Kilogramm pro Minute. Nach sieben Minuten ist der Tankvorgang abgeschlossen. Wir koppeln kurz nacheinander ab, steigen über den Tanker und nehmen Kurs auf unsere Holding-Area. In diesem Verfügungsraum werden wir, quasi im Standgas, abwarten, bis alle Luftfahrzeuge nochmal nachgetankt und damit genügend Sprit für die anstehende Mission gebunkert haben.

Wenige Minuten später meldet sich MAGIC. Unser Lagebild bekommt von ihm Updates. Denn auch Rot-Land hat unsere Aktivitäten erkannt und die Bereitschaftsstufen erhöht. Einige gegnerische Jagdflugzeuge bewegen sich bereits in deren Verfügungsräumen. Auch spielt uns MAGIC die bodengebundenen Raketenstellungen ein. Sogar deren Reichweite wird mir jetzt im Monitor eingeblendet. So kann ich vor dem Einfliegen in den Luftraum von Rot-Land Korridore identifizieren, in denen ich keiner Boden-Luft-Gefährdung ausgesetzt bin. Trotz des gesamten Szenarios ein gutes Gefühl. Unser Fliegerleitoffizier heißt nicht umsonst MAGIC.

Die SOF-Air-Kräfte haben nun Geleitschutz

13:40 Uhr erhalte ich über (den Daten-)Link 16 eine Information. Ähnlich einer SMS wird mir der A-400M zugewiesen, den ich mit meinem Flügelmann beschützen soll. Der A-400M mit den Fallschirmjägern an Bord hat das Rufzeichen LIFTER. Nur drei Minuten später habe ich auf unserer zweiten Radiofrequenz den ersten Funkkontakt direkt zu ihm. Die errechnete Abfangzeit beträgt acht Minuten. Ich überprüfe meine Position und erkenne sofort, dass ich zu früh bei LIFTER sein werde. Also drehe ich noch zwei Runden und nähere mich ihm dann. Der Geleitschutz beginnt.

 

Zu zweit begleiten wir den A-400M mit den SOF-Air-Kräften und bringen sie sicher zum Ziel. (Quelle: Luftwaffe/Franz Männling)

Mittlerweile bin ich sehr angespannt. Ich muss meine Frequenz ändern. Ich drehe an meinem Radio – sicher, diesen routinemäßigen Handgriff richtig gemacht zu haben. Plötzlich erklingt eine Stimme in meinem Kopfhörer, die nicht von meinem Flügelmann stammt. Die Stimme ist von Bertl. Er ermahnt mich, dass ich gerade eine eingestufte Frequenz dem Gegner preisgegeben hätte.

Nun gut, es ist nichts passiert. Denn ich sitze im ASTA-Simulator. Bertl ist einer der drei Instruktoren, die an der Konsole meine Arbeit im Cockpit verfolgen und bewerten. Bertl hat dabei diverse Aufgaben. Er übernimmt die Aufgaben des Towers und des An- und Abflugradars am Flughafen in Bodø und ist dafür verantwortlich, dass das in der Flugvorbereitung durchgesprochene Drehbuch eingehalten wird. Außerdem unterstützt er Walter, der neben ihm an der Konsole sitzt. Walter sortiert den Luftraum, macht die Freund-Feind-Kennung, lässt diverse Jagdflugzeuge in Rot-Land starten. Mir war er bislang nur als MAGIC aus der AWACS bekannt.

Der Instructor überwacht den Flugschüler, gibt Anweisungen und spielt diverse Szenarien ein. (Quelle: Luftwaffe/Xaver Habermeier)

 

Im Hintergrund des Cockpit-Trainers versorgt Uwe als dritter Instruktor an seiner Konsole das Szenario mit weiteren Einspielungen. Denn auch die übrigen 58 Jets in unserem Verbund müssen sich im Szenario bewegen. Ihm wird nun auch von Bertl aufgetragen, zwei Jets von Rot-Land in unsere Richtung zu schicken, um zu sehen, wie ich mich verhalten werde. Dies ist nämlich der eigentliche Zweck dieser Vorbereitung. Es soll geprüft werden, ob ich die richtige Höhe halte und wie ich mich zu LIFTER positioniere, den ich ja weiterhin schützen soll.

Mission Readiness Training – Train as you fight

14:01 Uhr positionieren sich die zwei feindlichen Jets in Schußreichweite. Nun wird die Bedrohung ernst. Ich konzentriere mich und merke, dass ich nervöser werde. Natürlich weiß ich, dass ich im FMS – dem Full -Mission-Simulator sitze. Aber die Fülle an Informationen, die ich verarbeiten muss, haben mich längst Teil dieser fiktiven Welt werden lassen. Mein Bordradar zeigt mir die Entfernung zu meinen Gegnern. Ich wähle die AMRAAM an. Jetzt betätige ich den Trigger. Der erste Gegner ist bekämpft.

Bertl entgeht kein Fehler. (Quelle: Luftwaffe/Xaver Habermeier)

Bertl weist mich an, ruhiger zu agieren. Er hat gemerkt, dass meine Stimme beim Funken hektisch wirkt. Nun habe ich scheinbar MAGIC falsch verstanden und habe meinen Eurofighter nach rechts gezogen, obwohl sich der zweite Gegner von links nun sehr schnell annähert. Ich bemerke meinen Fehler noch rechtzeitig. Bevor die gegnerischen Waffen für mich eine unausweichliche Bedrohung werden, agiere ich jetzt wieder professionell und verschieße AMRAAM zwei und drei.

Im späteren Debriefing werden mir diese Fehler nochmals vor Augen geführt. Der Gegner war bis auf 30 Meilen an den A-400 herangekommen, den ich zu schützen hatte. Aus den Fehlern soll man schließlich lernen. Und diese Fehler werde ich, wenn ich eine solche Mission im skandinavischen Luftraum live fliegen werde, garantiert nicht mehr machen. Dann war dieses Mission Readiness Training erfolgreich!

Autor: Harald Graf

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