Weapons Instructor Course: Die Schule für die Besten

Weapons Instructor Course: Die Schule für die Besten

„Two versus two“ steht heute auf dem Trainingsplan. Auf der einen Seite zwei Eurofighter mit dem Waffenlehrer-Aspiranten Hauptmann Steffen Heizmann als Rottenführer. Auf der anderen zwei weitere Eurofighter als „Red Air“. Mit denen wird es Lehrgangsleiter Oberstleutnant Julius Kurbel dem jungen Offizier im Übungsraum über der Ostsee schwer machen.

 

Der Weapons Instructor Course 03/17, bei dem Piloten, Jägerleit- und Nachrichtenoffiziere der Luftwaffe gemeinsam ausgebildet werden, ist ein ganz besonderer – und besonders fordernder – Lehrgang. „Wir sieben sehr streng aus: Nur die besten Offiziere aus den Bereichen Fliegerischer Dienst, Einsatzführungsdienst und militärisches Nachrichtenwesen werden für den Kurs angenommen“, sagt Oberstleutnant Kurbel. Voraussetzung für Piloten sei der Status „Combat ready“ – voll einsatzfähig. „Wenn sie auch Fluglehrer sind, umso besser. Das ist aber keine Bedingung.“ Kurbel hat auch den ersten Eurofighter-Waffenlehrer-Lehrgang im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben, vorbereitet und geleitet. „Seit 2004 hatte es keinen Kurs dieser Art mehr für den Air-to-air-Bereich gegeben“, erinnert er sich. „Das war eine Riesen-Herausforderung, ihn nach elf Jahren Pause neu auf die Beine zu stellen.“

Die Eurofighter werden für einen Trainingsflug startklar gemacht. (Quelle: Luftwaffe/Stefan Petersen)

Die lehrgangsgebundene, fliegerische Ausbildung ist im Taktischen Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“ (TaktLwG 73 „S“) in Laage beheimatet. „Durch die im Verlauf des Lehrgangs immer komplexeren Aufgaben werden auch die Ansprüche an den Luftraum, die infrastrukturellen Voraussetzungen und die nötige Unterstützung immer umfangreicher. Das können wir in Laage am besten leisten, weil hier auch die Waffensystemausbildung für den Eurofighter stattfindet“, so Oberstleutnant Gero von Fritschen, Kommodore des „Steinhoff“-Geschwaders.

Oberstleutnant Gero von Fritschen, Kommodore des TaktLwG 73 „Steinhoff“. (Quelle: Luftwaffe)

Von der Komplexität ist die Mission, die von Hauptmann Heizmann in allen Details besprochen wird, im Mittelfeld angesiedelt – entsprechend der Phase des Lehrgangs, der in drei Blocks aufgeteilt ist. Nach einer theoretischen Einführung begann für die sieben Lehrgangs-Teilnehmer – drei Piloten, drei Controller und ein Nachrichtenoffizier – mit dem Taktik-Block der fliegerische Teil, der weiterhin durch theoretische Unterrichte und Simulator-Stunden begleitet wird. „Begonnen wird mit Übungsluftkämpfen einer gegen einen im Nahbereich. Das steigert sich dann von zwei gegen einen bis zwei gegen X andere Flugzeuge“, erläutert der Lehrgangsleiter das Konzept. „Danach werden die Szenarien auf den Einsatz von Waffen über mittlere Entfernung ausgedehnt – bis zu vier gegen X. Auch unter Instrumentenflugbedingungen, bei schlechtem Wetter und bei Nacht sowie mit der Einbindung von Mitteln der elektronischen Kampfführung. Und der zusätzlich simulierten Bedrohung durch bodengestützte Flugabwehrsysteme am Ende des Blocks.“

Ein WIC-Eurofighter startet in Laage zu einem weiteren Trainings-Einsatz. (Quelle: Luftwaffe/Stefan Petersen)

Unterstützt werden die Piloten durch die bodengebundenen Kursteilnehmer in ihrer jeweiligen Fachrichtung. „Hier bringen wir das Schlüsselpersonal für verbundene Luftkriegsoperationen zusammen, um von Angesicht zu Angesicht planen, besprechen, den Einsatz durchführen und gründlich nachbesprechen zu können“, sagt Kurbel. Ein entscheidendes Training, denn in der Realität müssen die Offiziere räumlich weit voneinander getrennt agieren – und dennoch ohne Reibungsverluste kooperien. „Alle Rädchen, in der Luft oder am Boden, haben eng miteinander verzahnt zu funktionieren.“

Arbeitsgeräte am Eurofighter: Der Flugprofilrekorder (links) und die IRIS-T-Rakete. (Quelle: Luftwaffe/Stefan Petersen)

Den dritten und letzten Teil der Ausbildung bildet die Mission-Employment-Phase, die zusammen mit dem Eurofighter-Waffenlehrerkurs der Royal Air Force auf der britischen Basis Coningsby durchgeführt wird. „Bei dieser dreiwöchigen Übung mit Namen ‚Cobra Warrior‘ muss der Einsatz großer Verbände verschiedener Flugzeugmuster gemeistert werden – sogenannte COMAOs, Combined Air Operations“, so der Kursleiter. „Da ist dann alles dabei: Britische Eurofighter, deutsche Tornados, Tankflugzeuge, AWACS-Aufklärer und mehr.“ Diese internationale Zusammenarbeit ist für Kommodore von Fritschen ein entscheidender Bestandteil des Lehrgangs: „Die Ressourcen für derart vielfältige Szenarien können nur multinational gestellt werden, denn als simulierte Gegner sollen auch andere Muster als der Eurofighter zum Einsatz kommen“, sagt er. „Und wenn wir uns mit anderen Nationen auf so hohem Niveau eng abstimmen, hat das auch positive Effekte für die zukünftige technische und taktische Form der Zusammenarbeit.“

Auch bei Nacht müssen die Kursteilnehmer den Luftkampf beherrschen. (Quelle: Luftwaffe/Stefan Petersen)

Inzwischen sind die vier Eurofighter unterwegs im Einsatzraum ostwärts von Rügen, wo sie auch Überschall fliegen und heiße Täuschkörper zur Ablenkung von Infrarot-Raketen abwerfen dürfen, ohne Menschen zu stören oder zu gefährden. Für die WIC-Einsätze wird alles genutzt, was das Waffensystem hergibt. In der Regel auch das hochmoderne HMSS (Helmet-mounted Symbology System): Der knapp zwei Kilogramm schwere Kohlefaser-Helm mit halbdurchlässigem Projektionsspiegel besitzt zwei Vierfarb-Bildröhren mit hoher Auflösung, die Flug- und Waffenparameter direkt in das Visier einspiegeln. „Eine großartige Unterstützung, um im Luftkampf den Überblick zu behalten“, sagt Oberstleutnant Kurbel. Drei Sensoren – zwei an den Cockpit-Seiten und einer oben am Schleudersitz – verfolgen die Kopfbewegungen, so dass das Flugzeug immer weiß, wohin der Pilot gerade blickt.

Pilot mit HMSS (Helmet-mounted Symbology System) im Eurofighter-Cockpit. (Quelle: Luftwaffe/Stefan Petersen)

Hauptmann Heizmann blickt jetzt genau auf den Eurofighter des Flügelmanns von Oberstleutnant Kurbel, der sich gerade noch innerhalb der Reichweite der infrarot-gelenkten IRIS-T-Luftkampfrakete befindet. Sein Plan: Diesen Gegner gleich im ersten Anlauf zu identifizieren und gegebenenfalls zu neutralisieren, um die numerische Überlegenheit für den weiteren Verlauf des Luftkampfes zu erreichen. „Fox 2!“ Der Hauptmann gibt den Code für den Abschuss der Waffe an seinen Rottenflieger weiter – und ist sicher, einen Treffer gelandet zu haben, so dass sich beide nun auf den verbliebenen Jet konzentrieren können.

Eurofighter des WIC 03/17 werfen Flares über der Ostsee. (Quelle: Luftwaffe/Stefan Petersen)

„Wir machen hier kein Planungsspiel am Kartentisch, sondern bringen die Waffensysteme wirklich in die Luft, führen die Mission so realitätsnah wie möglich durch und werten danach akribisch die Erfüllung des Auftrags aus“, beschreibt der Kursleiter. Daher kommen auch nur sehr wenige Luftwaffen-Offiziere in den Genuss dieser Hochwert-Ausbildung, denn der Aufwand ist enorm. Es fängt beim Personal an: Für die sieben Kursteilnehmer gibt es ebenso viele Instruktoren aus dem jeweiligen Bereich. Die fertig ausgebildeten Waffenlehrer dienen später in ihren Einheiten als Multiplikatoren und Taktik-Experten. Sie sollen die komplexen Missionen nicht nur planen und anführen können, sondern auch die militärische Führung beraten und den Kameraden in ihrem jeweiligen Verband die Integration der verschiedenen Systeme aus eigener Erfahrung näherbringen und erklären müssen.

 

Und nicht nur das: „Wir benötigen Personal, das auf höchstem fliegerischen Niveau über tiefgehende technische Kenntnisse verfügt und sich damit in die Entwicklung künftiger Waffensysteme einzubringen vermag. Und als Berater in Kommandobehörden eben diese fliegerische Expertise abbilden kann“, sagt Oberstleutnant von Fritschen. „Dieses Personal muss in der Lage sein, mögliche Bedrohungs-Szenarien zu bewerten und zu entwickeln, um dann weit in die Zukunft zu denken und so die richtigen Schlussfolgerungen für zu treffende Entscheidungen ableiten zu können.“ Entsprechend streng sind auch die Maßstäbe, die angelegt werden. Heizmann, Kurbel und die beiden anderen an der Mission beteiligten Piloten haben sich zur mehrstündigen Nachbesprechung zusammengefunden. Minutiös werden alle Aspekte durchgesprochen. Ein Flugprofilrekorder (FPR) hat jede Bewegung des Jets genau aufgezeichnet: „Schönreden ist nicht drin“, so der Lehrgangsleiter. So muss sich der junge Hauptmann damit abfinden, dass sein erster Schuss mit der IRIS-T nicht gesessen hat. „Das habe ich in der Luft falsch eingeschätzt“, gibt er zu. Am Ende werden die Ergebnisse an der Tafel zusammengefasst.

 

Auch wenn es keinen „Kill“, also keinen Abschuss, gab, steht doch ein Plus-Zeichen hinter dem obersten und wichtigsten Punkt: „Survive – Überleben“. Denn nur, wer überlebt, kann weitermachen. Gemäß dem Motto, das in großen Lettern auf einem Wandbild prangt: „Fight to fly, fly to fight, fight to win“ – „Kämpfe, um fliegen zu können, fliege, um zu kämpfen, kämpfe, um zu gewinnen“.

 

Autor: Stefan Petersen/Luftwaffe.de

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